16. Dezember 2016

Die „Alte Kirche“

 


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Lassen Sie uns doch zuerst mit einigen recht nüchternen Daten beginnen, die aber jeden Architekten erfreuen werden: die „alte Kirche“ wies eine Länge von 60-70, eine Breite von 18-20 und eine Höhe von rund 15 Metern auf. Hinter der, ich bezeichne sie im Folgenden nur noch schlicht „Kirche“, stand das große hölzerne Missionskreuz. Zwischen Turm und Kirche befanden sich überdacht die „Schmerzhafte Mutter Gottes“ sowie das Kreuz aus dem Jahre 1723. Letzteres flankiert durch die lebensgroßen Figuren von Maria und Johannes. Vor dem Kreuz beerdigt waren Pfarrer Altmayer und Pater Beking. An der Südseite der Kirche befand sich eine Sonnenuhr, die durch die im Turm installierte „normale“ Uhr komplettiert wurde. Letztere konnte leider nur rund 18 Jahre die Zeit anzeigen, bevor sie dem Abriss ebenfalls zum Opfer fiel. Die Kirche war auf dem alten Kirchfriedhof gebaut worden, wobei auch hier, wie bei so vielen kirchlichen Stätten, ein ehemaliger heidnischer Kultplatz als Standort ausgesucht worden war. Die Idee Sakralbauten auf heidnischen Stätten zu erbauen, lag ein einfacher und doch, oder besser, gerade dadurch, effektiver Gedanke zu Grunde. Für die, nun zum Christentum bekehrten, ehemaligen Heiden blieb das Umfeld gleich und durch den neuen katholischen Sakralbau ging gleichzeitig die heidnische Stelle in ihrer bisherigen Form endgültig verloren.

Heute würde man sagen, dass die katholische Kirche, mit dieser Vorgehensweise, zwei Fliegen mit einer Klappe traf. Präzise zeitliche Baudaten der Kirche sind leider nicht gesichert, zumindest trotz Durchsicht der verfügbaren Quellen, mir nicht bekannt. Man kann aber vermuten, dass zur Zeit der Verpflichtung der Pfarrei zur Teilnahme an einer Wallfahrt nach Mettlach (931, 941) durch Erzbischof Ruotbert (auch: Rotbert, † 19. Mai 956 in Köln) von Trier schon eine Kirche bestand.
Die Selbstständigkeit der Rodener Pfarrei verdankt diese, als Wadgasser darf ich das so ruhig formulieren, schlicht der Gier der Wadgasser Abtei. Diese hatte sich mit dem Kloster Tholey, zu dem die Rodener Pfarrei seit ca. 995 gehörte, darauf geeinigt, dass diese das Recht den Pfarrer in Roden zu ernennen, woran auch die Einnahmen in Form des Zehnt gekoppelt waren, für den halben Kirchenzehnt als Entgelt, an sie abtritt. Das Kloster Tholey setzte diese Absprache 1687 um. Im Gegensatz zur Wadgasser Abtei, die ihren Teil der Absprache nicht einhielt, sondern vielmehr die kompletten Einnahmen für sich behielt. Darauf reagierte Tholey mit einem Prozess und gewann diesen im Jahre 1721. Das Resultat war für Wadgassen der Verlust der Rodener Pfarrei. Ein Schicksalsjahr für die Kirche war 1635, als das Kirchendach durch Brandstiftung in Flammen aufging und die Kirche fast vollständig geplündert wurde.
Dann brannte 1666/67 auch noch das Pfarrhaus nieder, was den Umzug des Seelsorgers, Pfarrer Simonis (vgl. Notiert: Simonis), nach Wallerfangen nach sich zog. In den Folgejahren wurde das Kirchendach mit Stroh wiederhergestellt und stand so bis 1749, also dem Jahr, in dem die Bauarbeiten begannen, an deren Ende die Kirche 1750 komplett neu errichtet worden war. 1777 war dann auch der Turm vollendet. Ein letzter Bauschub war 1868 zu verzeichnen, als die Kirche eine neue Sakristei als Anbau erhielt.

Im Gegensatz zu den Rodener Gerbern brachte die französische Revolution der Rodener Pfarrei kein Glück. Alle Besitzungen gingen verloren, die Kirche (siehe Photo) wurde geplündert. 1805 bekam die Kirche eine zweite Glocke, die die Aufschrift „Pfarrer Altmayer“ zierte. Da Pfarrer Altmayer hier begraben liegt, ein weiteres Indiz dafür, dass er einer der Vorgänger, als Pfarrer von Roden, von Herrn Pastor Tirion (auch: Thirion) gewesen ist. Womit die chronologische Liste Pfarrer von Roden wie folgt wäre: Johann Altmayer 1763 bis 1794, Nikolaus Bicking 1795 bis 1838, Josef Wilhelm Thirion 1838 bis 1888. Die dritte Glocke wurde im Jahre 1879 mit zwei Fahnen von den Eheleuten J. Gergen und Anna Maria Altmayer gestiftet. Das Inventar der Kirche wurde vor dem Abbruch auf 40000 Mark geschätzt. Es befand sich u.a. darin: im Chor der Hochaltar, am Altarstock Maria Verkündigung, Tabernakel, zu beiden Seiten desselben zwei Engel, in der Mitte über dem Tabernakel die Krönung Maria, mit Gott Vater, Sohn und Hl. Geist, zu beiden Seiten dieser je zwei große Engel, zu beiden Seiten des Altares Johannes und Matthäus, an der Rückwand der hl. Donatus und Sebastian, zwei große Beichtstühle oben flach, auf dem einen stand in Lebensgröße die hl. Elisabeth, auf dem andern der hl. Georg, vier Bänke für den Kirchenrat, die Geistlichen und die Brautleute. Eine aus Eisenstäben gefertigte Kommunionbank bildete den Schluss des Chores. Der rechte Seitenaltar mit dem hl. Josef, der hl. Margaretha und dem hl. Nikolaus, oben der hl. Donatus. Neben dem Altar ein noch fast neues Herz Jesu, dann Taufe Jesu, weiter die Mutter Gottes aus dem Granitblock „Maria hilf".
Auf dem linken Seitenaltar der Erlöser der Welt, Petrus und Paulus, oben der hl. Sebastian, am Altarstock die Geißelung Christi. Dann die immerwährende Hilfe, eine Kanzel mit den vier Evangelisten, ferner Maria die Trösterin, die hl. Anna und eine Heilige mit 4 Kindern. Die Wände waren mit fünf großen Ölgemälden geziert: Maria Verkündigung, Maria Heimsuchung, die Geburt Christi, die Anbetung der hl. drei Könige und die Opferung Jesu im Tempel.

ph; basierend auf einem Text von Anna Franz, Lehrerin a.D. aus dem Jahr 1928, und Kommentaren von Rolf Herresthal

 

 


 

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