Villa Romana - jetzt wirds praktisch!

 
Villa Romana Borg

Erstellt am: August 2, 2009
Photos im Album: 80

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Ein weiterer Sommerferienkurs ausserhalb der ausgeschriebenen Reihe: Was tun, wenn es in Roden selbst kein römisches Landhaus mehr gibt, man aber gerade so schön darüber theoretisiert hat? Man hält nach Alternativen Ausschau. Und praktischer Weise fand am 01. und 02. August in Perl-Borg in dem dortigen rekonstruiertem, römischen Landhaus wieder ein Römerlager statt. Denn es ist ein Ding, eine oxidierte und mit Patina überzogene Fibel, mit dem Hinweisschild "Fundort Saarlouis-Roden", im städtischen Museum zu sehen, ein anderes sich die hochglanzpolierte Fibel an einem Menschen vorzustellen und deren Zweck. Genauso ist es eine Sache einen Mauerrest zu betrachten und sich auf dieser Grundlage das Haus vorzustellen. Dieser Abstraktionsgrad ist eine echte Herausforderung.

Wie gut also, dass es Menschen gibt, die Reenacment zu Ihrem Hobby erkoren und sich Fördervereine zum Erhalt alter Anlagen gegründet haben. So sieht man die Fibel an der Person, versteht, weshalb römische Silber-Armreife Auszeichnungen und nicht reiner Schmuck waren, hält die Waffen (Gladius, Spatha, Stichlanze) in der Hand und fühlt das enorme Gewicht der Kettenhemden und Panzer. Zudem sieht man einmal Ruinenteile der Ausgrabungsstätte und sieht zum anderen fertige, wiederhergestellte Häuser.

Aus diesem Hintergrund heraus trafen sich die TeilnehmerInnen am 02.08.2009 im Thelengarten und fuhren von dort aus mit drei bestens ausgelasteten Autos hoch nach Perl-Borg. Und dort erlebten Sie, zumindest in Teilen, wie die Römer frührer hier in unserer Region lebten. War am Anfang alles eitler Sonnenschein, die Faszination ob der Anlage groß, kam aber auch bald der ein oder andere Wermutstropfen. "Wo waren die Toiletten?", "Mit diesen Teilen haben die Menschen behandelt?" (HdR: Römisches Ärztebesteck war damit gemeint.), "Wie heizten die hier?" uvm. Das Fazit war wohl recht eindeutig: das Leben damals war für Reiche / Patrizier sicherlich nett, doch würde ein heutiger Mensch viele Annehmlichkeiten (Dusche, WC, Mikrowelle etcpp.) recht schnell missen; und Sklave oder einfacher Bauer wollte niemand wirklich gewesen sein.

Auch die fehlende Mobilität und die für die langen Strecken recht langsamen Reisemöglichkeiten (Pferd, Wagen oder schlicht zu Fuß) sowie die eingeschränkte Kommunikation mit den "Nachbarn" wurde bei etwas Nachdenken zu einem echten Minuspunkt. Aber - man kann nun wesentlich besser verstehen, wieso das Saarland nie eine römische Hauptstadt besessen hatte und es nie größere Dörfer gegeben hat. Es waren wie in Borg versprengte Landgüter und natürlich die Poststellen die das Bild prägten. Ein Kastell wie im heutigen Saarbrücken (Saraviapontana) war eine reine Hinterlandssicherung. Der Handel lief auch nicht gen Rom, sondern vielmehr gen Osten. Dort wo der Limes war, dort wo das Reich gesichert wurde, damit das Hinterland in Ruhe gedeihen konnte. Und man kann somit die römischen Funde in Roden wesentlich besser einordnen. Denn oft hat man bei dem Terminus "römisch" sofort Rom oder Trier im Kopf und schätzt dann römische Bodenfunde als Indiz ein, dass es in Roden eine riesige Siedlung, am Besten noch mit Aquädukten und Triumphbögen gab. Nun hat man eher das Bild von einem Haupthaus, Lagerstätten, Stallungen und einem Gemüsegarten mit Wandelweg. Dies ist schon wesentlich zutreffender. Stellt man sich dann noch die Dorfgemeinschaften der franko-gallischen Bevölkerung als kleine Dorfzentren vor, die teilweise alten Baustil (Holz) mit römischen Baustil (Stein, Rundbögen) vereinigten, kommt man der damaligen Realität schon recht nahe.

Wir alle hoffen, die Bodenfunde in Roden und Umgebung sowie die teilweise noch immer dort laufenden Ausgrabungen einen neuen Blickwinkel gewonnen zu haben. Denn so mancher Fund aus alten Tagen, und damit ist nicht nur die römische Zeit gemeint, könnte man versuchen wie in Borg wiederherzustellen bzw. zu rekonstruieren. Durch Siedlung und Steinrausch sind ja schon wesentliche Bereiche der keltischen Zeit verloren gegangen, also sollte man das noch verbliebene oder das, was man noch entdeckt umso stärker in den Vordergrund der Bevölkerung rücken. In Borg konnte man sehen, wie gut so etwas angenommen wird und natürlich würde ein solches historisches Zentrum vermutlich auch gut in die Planung der Innenstadt passen.

 


Nicht ganz stilecht schmeckte es trotzdem (nur wie machten Römer Eis...); faszinierend war es für Groß und Klein.

 

Denn begehbare Geschichte hinterläßt einen wesentlich tieferen Eindruck, als es eine reine Schilderung je vermag.

03.08.2009 - Saarlouis, Saarlouis-Roden, Roden, SLS

 

Dateigröße: 7.09 Kb - - Letzte Aktualisierung: 12 November 2019 09:31:01

 

     
 

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